Schmela Haus. Metamorphose
Das Schmela Haus. © Achim Kukulies © Kunstsammlung NRW
Alfred Schmelas Turm kostete im Jahr 1967 rund 500.000 Mark und gilt als erste architektonisch in Auftrag gegebene Galerie der Bundesrepublik. Im November 2009 wurde daraus das Schmela Haus: gekauft vom Land Nordrhein-Westfalen und nun zusätzlicher Standort der Kunstsammlung NRW nach K20 und K21. Im Jahr 2011, dem 50jährigen Jubiläum der Sammlung, soll nun auch hier ausgestellt werden. Die Metamorphose: Aus der Galerie wird ein Museum.
Zwischen dem Leben als Soldat mit Bauingenieursabschluss, dem 1947 die Flucht aus einem Gefangenenlager in Italien über die Alpen gelang, und der spektakulären Eröffnung der Galerie Schmela in der Mutter-Ey-Straße lagen ein Studium an der privaten Malschule von Jo Strahn, mehrere Bierchen mit Norbert Kricke und der Einzug in ein ehemaliges Ladenlokal in Düsseldorf.
Alfred Schmela war auf Yves Klein aufmerksam geworden und eröffnete am 30. Mai 1957 mit dessen Le Monochrome die 20 m² winzige Galerie Schmela in der Hunsrückenstraße 16-18. Es folgte Entsetzen bei Publikum und Presse, die Bilder seien doch „erst grundiert“! Aber es sollte sich herausstellen: Schmela setzte sich ebenso leidenschaftlich und intensiv mit zeitgenössischen Künstlern auseinander wie er junge, progressive Kunst erfolgreich „verkloppte“. Dass er den richtigen Riecher besaß beweist die Geschichte: Die meisten seiner Schützlinge betraten bald internationales Parkett, das Rheinland wurde zum internationalen Standort der Avantgarde und Schmela zu einem der einflussreichsten Galeristen Westdeutschlands.
Schmela warf ein Auge auf die bis zu dem Zeitpunkt unbekannten US-amerikanischen Künstler – 1962 vertrat er erstmalig Kenneth Noland und Morris Louis. Außerdemöffnete er deutsche Tore für Jean Tinguely (1959), Lucio Fontana (1960), Arman (1960), Christo (1963), Robert Filliou (1969) und Gordon Matta-Clark (1977) – um nur einige zu nennen. Aber auch Schemlas Hauskünstler gelangten zu Weltruhm und bildeten die erste Reihe deutscher Nachkriegskunst, darunter Konrad Klapheck (1959), Gerhard Richter (1964), Hans Haacke (1965), Jörg Immendorff (1965) und Künstler der ZERO-Gruppe. Und endlich, im November 1965, stellte nach Schmelas langem Drängen auch Joseph Beuys mit >… irgend ein Strang…< bei ihm aus und lief dabei mit einem toten Hasen von Werk zu Werk.
Ein Jahr später kündigte die Stadt Alfred Schmela den Raum. Grund genug, eine Woche lang Aktionen unter dem Motto Hommage à Schmela stattfinden zu lassen. Von der Hunsrückenstraße verabschiedeten sich damit Otto Piene, Siegmar Polke, Konrad Fischer Lueg, John Latham, Heinz Mack, Joseph Beuys, Bjørn Nørgaard, Henning Christiansen und Gerhard Richter. Und während der bekannte Architekt Aldo van Eyck seinen Galerieturm baute, zog Schmela mit Familie und Galerie für vier Jahre gewissermaßen ins Exil – auf die andere Rheinseite.
Eine Gesamtfläche von 378 m2, zwei Stockwerke unter der Erde, drei darüber. Ein verschachtelter Bau, labyrinthartig konzipiert. Van Eyck, Mitbegründer des architektonischen Strukturalismus, suchte als Mitglied des Team X nach Wegen aus dem Rationalismus, ließ sich von Claude Lévy-Strauss inspirieren und baute mit der neuen Galerie Schmela das einzige architektonische Denkmal an den Strukturalismus in Deutschland. Avantgardistisch und wohl ganz in Schmelas Sinne. Und im Jahr 1971 war es dann soweit: Die Galerie Schmela öffnete mit Beuys und seiner Barraque d‘Ull Odde ihre Türen in der Mutter-Ey-Straße.
Acht Jahre wirkte Schmela noch dort bis zu seinem Tod im Jahr 1980. Längst hatte er sich in Hochschulkreisen etabliert: Nicht umsonst wurde er anlässlich seines 60. Geburtstages zum Ehrenmitglied der Kunstakademie Düsseldorf ernannt. An seinen theoretischen Ausführungen zu Kunst, die er schätzte, kann es nicht gelegen haben. Ein simples „jut“ des Mannes mit dem ausgeprägten rheinischen Dialekt reichte oft aus, um komplett zu überzeugen. Sein Nachlass wurde Stück für Stück zweckmäßig aufgeteilt. Die Amerikaner, genauer gesagt das Getty Research Institute in L.A., bekamen sein Archiv, die Deutschen, zunächst seine Tochter ULRIKE, das Gebäude. Im Jahr 1995 wurde die Durchfahrt zum Hof unter Leitung des Architekten Günter Zamp Kelp zu einem Empfangs- und Ausstellungsraum umgebaut. Ulrike Schmela verkaufte 2008 mit Hilfe einer Initiative der Düsseldorfer Museen und des Künstlerstaatssekretärs Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff das Gebäude an das Land NRW.
Heute kann der Bau aus Bimsbetonstein farblich zwar nicht mit der Wand am Kleeplatz mithalten, ist aber dafür denkmalgeschützt und wird ab 2011 von der Kunstsammlung NRW als dritter Standort genutzt. Standort ist ein gutes Stichwort, denn so genau ist dieser „Ort“ nicht definiert: Haus, „Schaufenster zur Straße“, experimentelle Bühne, Bar mit DJ, Büros der Kunstsammlung NRW, Raum für eine Videokoppel von Hans U. Bodemann, Veranstaltungsreihen zu Ehren der Inspirationsquelle Beuys und wissenschaftliche Symposien. Hauptsächlich publikums- und akademieorientiert.
Ab dem 17. März 2011 kann dann jeder definitorisch korrekt mitteilen, dass er ins Museum geht, wenn er die erste für das Schmela Haus konzipierte Ausstellung Aufruf zur Alternative besucht. Acht künstlerische, gemeinnützig engagierte Positionen berücksichtigen in ihren Arbeiten die außergewöhnliche Architektur des Gebäudes, um einen sozialen Raum zu schaffen: Luca Frei, Group Material, Christine und Irene Hohenbüchler, Jenny Holzer, Sora Kim, Sarah Pierce und Katerina Šedá.
Hoffentlich wird’s jut.
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