Rundgangsauswahl
V. l. n. r.: Brunhilde Groult, Thorben Eggers, Janosch Jauch, Guram Shavdia, Miri Kim; Porträt an der Wand: Katrin Haslbeck, Foto Michael W. Driesch
Auf dem jährlich stattfindenden Akademierundgang standen auch dieses Jahr sowohl Laien als auch Kunstexperten Schlange, um den künstlerischen Nachwuchs und dessen Schaffen zu betrachten. So manche Profiscouts wurden bereits am vorangehenden Dienstag eingelassen – wie der BBK (Berufsverband Bildender Künstler), vertreten durch Klaus Stecher, Karin Dörre, Gabi Weide, Mauga Hausherr, Sabine Kroggel und WHG Neuse. Ganz in Ruhe konnten sie daher junge Künstler auswählen, denen sie im Rahmen ihrer seit 15 Jahren jährlich stattfindenden Serie AKADEMIE – augenfällig eine Ausstellungsmöglichkeit bieten wollen. Auch der BBK Bezirksverband Düsseldorf, der Bestandteil des größten Künstlerverbandes Deutschlands ist, muss eben um den Nachwuchs werben. Dafür haben die jungen Künstler die Möglichkeit, ihre Arbeiten über den Rundgang hinaus der Öffentlichkeit vorzustellen, einen ersten bzw. weiteren Einblick in die Planung einer Ausstellung zu bekommen und sich mit der älteren Künstlergeneration auszutauschen – die wiederum von den frischen Ideen der jüngeren profitiert.
Sechs Künstler hat der BBK dieses Jahr ausgewählt. Diese haben so unterschiedliche Ansätze, dass einerseits beispielhaft die künstlerische Vielfalt, die in der Kunstakademie vorherrscht, gezeigt werden kann. Andererseits mag es vielleicht sogar an Willkür grenzen, unter so zahlreichen Möglichkeiten zu wählen. In jedem Fall wird es eine Herausforderung, eine kohärente Ausstellung zu kuratieren, zumal einige Künstler noch nicht wissen, was sie letztendlich zeigen möchten. Ab der Vernissage am 23. Mai kann sich dann jeder selbst in der Birkenstraße 47 ein Bild vom Ergebnis machen.
Janosch Jauch (*1985, Prof. Georg Herold) ist von Haus aus Maler und arbeitet heute experimentell. Nachdem er drei Jahre lang in der Klasse von Reinhold Braun riesige Leinwände vollgemalt hat, wurde es ihm zu langweilig und er begann sich zu fragen, wie ein Bild funktioniert. Was ist Malerei, was Fotografie, was eine Collage? Er zerlegte Werke in ihre Elemente. Ist ein Foto ein Foto, weil es auf Fotopapier entwickelt wurde? Und befindet sich Malerei nur auf Leinwand? Was wäre ein Foto auf einer Leinwand gedruckt? Zwischen den Theorien Marcel Duchamps und Walter Benjamins versucht Jauch, Brücken zu schlagen. Er macht beispielsweise Collagen aus unterschiedlichen Materialien, die er fotografiert. So werden Gegenstände abgebildet, denen Funktion und Dreidimensionalität genommen wurden. Jauch erzählt, dass man das manuell hergestellte Endergebnis eigentlich auch digital anfertigen könne. Aber das sei ja nicht romantisch, als Maler gehe es ihm um eine ganz bestimmte Bildvorstellung.
Guram Shavdia (*1988, Prof. Andreas Schulze) erreiche ich zunächst nicht, denn er befindet sich in einem orthodoxen Kloster auf dem Berg Athos in Griechenland. Dem Maler aus Georgien ist seine persönliche Entwicklung wichtiger als die künstlerische, wobei sich letztendlich beide wechselseitig beeinflussen. Shavdia berichtet, wie er zu Beginn seines Studiums einzig und allein Picasso verehrte und auf Kritik eher allergisch reagierte. In der Akademie hat er bei Markus Lüpertz und in Kolloquien den Wert von konstruktiver Kritik und verschiedenen Meinungen kennengelernt. In seiner Kunst spielt er heute mit Perspektiven und experimentiert mit dem Zusammenspiel von Fläche und Tiefe. Seine Kunst soll authentisch und nicht plakativ sein, das Werk muss Tiefe haben, aber diese nicht übertreiben. Ebenso legt Shavdia Wert darauf, konstruktive Kritik zu erhalten. Und der Humor ist ihm wichtig, denn ohne Humor sei man nur ein halber Mensch.
Miri Kim (*1986, Prof. Tony Cragg) ist Düsseldorferin, auch wenn der Name das nicht unbedingt vermuten lässt. Ich treffe sie in der Gießerei Kayser, wo sie meistens arbeitet und mit Materialien experimentiert. Die Atmosphäre ist staubig und laut, überall heizen Öfen, Maschinen dampfen. Und genau das ist es, was Kim liebt: Der künstlerische Prozess soll für sie aufregend sein und ihre Sinne ansprechen, sei es durch die Lautstärke, sei es durch das Material, dessen Form und Beschaffenheit sie mit den Händen spüren möchte. Der Entstehungsprozess ihrer Skulpturen ist von Zufällen und Forschergeist geprägt und am Ende soll ein Objekt entstehen, mit welchem sie den Betrachter überraschen kann, weil er so etwas noch nie gesehen hat.
Katrin Haslbeck (*1976, Prof. Hubert Kiecol) hat vor ihrem Studium an der Akademie eine Grafikausbildung gemacht, ein Jahr Germanistik studiert und immer nebenbei gezeichnet. Ihre schwarz-weißen Werke basieren auf der Beobachtung von Landschaften, die sie versucht, auf kleinen Formaten möglichst schnell und auf wenige Mittel beschränkt zu skizzieren. Durch die Verwendung von Ölpastell schafft sie pastose Oberflächen, die sie auch auf die in ihrem Atelier fortgeführten, großformatigen Arbeiten überträgt. Indem sie sich auf das Wesentliche einer Landschaft konzentriert, erinnert uns Haslbeck an das Ursprüngliche der Naturgewalten.
Thorben Eggers (*1988, Prof. Eberhard Havekost) studiert als einer der wenigen Studenten der Akademie auch auf Lehramt, im Nebenfach Philosophie, wobei ihm am meisten – wie überraschend – die Ästhetik interessiert. Philosophisch könnte man auch die Herangehensweise an seine Malerei nennen, deren Elemente aufeinander aufbauen und sich immer wieder zugunsten einer Ästhetik der Farbe vom Anspruch auf Gefälligkeit befreien. Eggers fing mit dem Zusammenspiel von Figurativem und Abstraktem an und landete schließlich bei der völligen Abstraktion. Trug er zuvor noch Farbe auf die Leinwand auf, holt er in seinen neuesten Werken die Farbe aus der Leinwand heraus. Der langwierige Prozess erfordert viel Vorarbeit, Farbschichten müssen im exakten Moment aufgetragen werden und eine bestimmte Zeit trocknen. Der Vorgang des Herausholens dauert dann wenige Sekunden; Eggers nennt dies „einen aggressiven, aber durchaus subtilen Akt der Verletzung“.
Brunhilde Groult (*1985, Prof. Katharina Fritsch) ist fast wie ein Gesamtkunstwerk, vom Namen über den Kleidungsstil bis hin zu den auf Naturphilosophie basierenden Kunstwerken. Sie hat nichts Geringeres im Sinn als durch Analogien und Strukturen, die man in der Natur vorfindet, eine universale Einheit zu destillieren. Die Französin sammelt in einem fortwährenden Leseprozess – vor allem Novalis hat es ihr angetan – eine Bibliothek der Zeichen, die sich in immer komplexeren Zusammenhängen in ihren Kunstwerken manifestieren. Mineralien, Pflanzen, Tiere und Menschen sind für Groult in sich geschlossene Organismen und zugleich Fragmente des Ganzen; in ihrer Bodeninstallation steht ein oktogonaler Spiegel für die Symbiose von Kreis und Quadrat sowie für ein Orakel, das alle Elemente gemeinsam wiedergibt und so zu einer ganzheitlichen Sichtweise verhilft. An Groults Werken kann man stundenlang über die Essenz des Lebens sinnieren und die Ursprünge unseres Daseins ergründen.
Gemein ist allen Künstlern ein ausgeprägter Forschergeist auf ihrem jeweiligen Gebiet. Mit dem Fokus auf Studierende der höheren Semester und den weit auseinanderliegenden künstlerischen Ansätzen hat der BBK in jedem Fall eine fesselnde Auswahl Künstler der nachfolgenden Generation getroffen. Keiner von ihnen kann sich vorstellen, einen anderen Job als den des freischaffenden Künstlers auszuüben: eine gute Voraussetzung für den harten Künstleralltag, der sie vermutlich nach dem Abschluss erwartet.
BBK Kunstforum – Thorben Eggers, Brunhilde Groult, Katrin Haslbeck, Janosch Jauch, Miri Kim, Guram Shavdia: AKADEMIE – augenfällig, 24.05.13 bis 09.06.13
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